
Philosophie der Liebe Oder Wider den Gemeinspruch ‚Die Lust ist kurz, die Reu’ ist lang’
Verlag Matthes & Setitz
An die christliche Nächstenliebe schließt dieser ‚Versuch wider den Gemeinspruch’ nicht an, sondern an den antiken Eros und an die Spätphilosophie Michel Foucaults, an die Achtundsechziger Parole: ‚wer zweimal mit demselben pennt, die gehört schon zum Establishment’. Denn die erotische Liebe birgt durchaus viele Gefahren, deren größte im Zeitalter diverser Emanzipationsbestrebungen – der Frauen, der Homosexuellen, der Kinder und der Alten – vom eigenen Leben abbringt und in den Hafen der festen Dreier- oder gar Viererbeziehung führt – eben mit einem oder zwei Kindern – und die irgendwann doch geschieden wird. Frauen werden davon immer noch stärker bedroht. Aber auch Männer laufen Gefahr, der Familie dienen zu müssen, in der die erotische Liebe verblaßt. Gefährdet sind dabei vor allem jene, die wenig Glück in der Liebe haben, die krampfhaft feste Beziehungen suchen und die sich dabei unattraktiv verhalten müssen, wenn man sucht, was es eigentlich nicht mehr gibt und doch in die Rolle der Hausfrau und Mutter neben dem Brotjob zwingt. Wer trotzdem nicht bloß auf Nächstenliebe hofft, gar auf Mitleid, wer die erotische Lust sucht, die keine sportliche Übung sein soll, der darf sich allerdings nicht verführen lassen: zu kurzer Lust und nachfolgendem Dienst. Dann muss man seine eigenen Lüste kontrollieren. Dann braucht man eine asketische Macht über sich selbst, die aber nicht wie die christliche Askese Gott oder der Gemeinschaft dient, sondern den eigenen Lüsten, um die lange späte Reue und den Dienst an der Menschheit zu vermeiden. Um lieber die Lust möglichst häufig zu wiederholen, muss die Teufelin – die emanzipierte Frau und der nachhinkende Mann – mit Beziehungen vorsichtig umgehen, sie nicht ausarten lassen, nicht zusammen ziehen, arm keine Kinder in die Welt setzen, das eigene Leben weiter führen, nicht zwei Leben zu einem vermeintlichen einzigen zusammenfügen, in dem man sich gegenseitig kontrolliert, sich nicht für den Geliebten opfern, um im Tauschgeschäft dessen Opfer zu erhalten. Das ist sehr schwierig und widerspricht den christlichen Gewohnheiten, lässt sie im Lichte altruistischer Moral als Egoistin, Hedonistin, ja Barbarin erscheinen, wenn heute solche BarbarInnen zuhauf Heimat und Frömmigkeit unterwandern. Denn begeistert knüpft die Barbarin wie Foucault an die Antike an. Vor allem sitzt sie nicht dem christlichen Irrtum Nietzsches auf, dass alle Lust Ewigkeit wolle, um dann im Sakrament der Ehe zu enden. Ach, hätte er doch Lacan lesen können! Das Begehren treibt ja selbst die Gläubige immer weiter, so dass die Scheidungsanwältin wieder lächelt.